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SOPHIE VON HELLERMANN
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24.06.2022

Auf den Tag genau vor einhundert Jahren wurde in Berlin, Erdener Straße, Ecke Wallotstraße,
Walther Rathenau ermordet: der erste – und bisher einzige – jüdische deutsche Außenminister.
Rechtsradikale Studenten feuerten mit einer Maschinenpistole auf ihn und warfen eine
Handgranate in sein Cabriolet. In Erinnerung an den kunstsinnigen Politiker, Industriellen und
Schriftsteller eröffnet morgen ein Kunstprojekt in Schloss Freienwalde, Rathenaus ehemaligem
Landsitz. Das Schlösschen rund 50 Kilometer nordöstlich von Berlin wurde Ende des 18.
Jahrhunderts als Sommerwitwensitz für Königin Friederike Luise von Preußen erbaut. Rathenau
hatte es 1909 erworben und die Interieurs ganz im Sinne der Erbauerin aufwendig restaurieren
lassen. Von den Interieurs ist leider nicht viel übrig, denn 1945 wurde die Einrichtung
geplündert. Jetzt hat sich die deutschbritische Künstlerin Sophie von Hellermann von den
originellen, nur noch auf alten Fotos erhaltenen Tapeten inspirieren lassen und Wände und
Decken von Schloss Freienwalde mit Menschen, Tieren, Bäumen und Rosen bemalt. Morgen
eröffnet die Ausstellung, die die Berliner Kuratorin Ruth Ur im Rahmen des Projekts „Jewish
Country Houses“ mit der Walther-Rathenau-Stiftung erdacht hat: „Bei unserer Arbeit geht es vor
allem darum, den Menschen zu helfen, diese Häuser neu zu sehen und zu verstehen und die
europäischen Dimensionen dieses Erbes hervorzuheben. Sophie von Hellermann hat instinktiv
verstanden, auf welche Weise jüdische Landhäuser wie Schloss Freienwalde Historismus und
Moderne verbinden.“ Im Juli wird es außerdem eine Ausstellung von Sophie von Hellermann in
der Galerie Wentrup in Berlin geben, die ebenfalls an Walther Rathenau erinnert.